„Ich will ein Bewusstsein schaffen und damit Jugendliche schützen“, erzählt Schauspieler Alexander Gutbrod (42, „Prince Charming“).
Seine Familie gehört der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovasan. Seit Jahren hat er seine Angehörigen nicht mehr gesehen. Denn: Er wurde verbannt. Grund: Mit 28 outete er sich als schwul. Ein No-Go bei den Jehovas.
Bis zu seinem Outing war sein Leidensweg enorm. Jetzt zieht er ein trauriges Resümee seines bisherigen Lebens, das er jetzt bei BILD öffentlich macht.
Der Grund: „Ich kann es nicht verantworten, dass weiterhin Kinder hineingeboren werden in diese Sekte, und keiner bekommt mit, was dort wirklich passiert.“
Was Alexander Gutbrod als Kind und Jugendlicher ertrug, ist nach seiner Schilderung eine Tortur aus Erniedrigung, Misshandlung und Demütigung. „Als Zeuge Jehova ist man unfrei. Immer! Menschen bringen sich um, weil sie lebenslänglich verbannt werden, wenn sie nicht in das antiquierte Schema passen.“
Er erzählt: „Als Kind wurde ich misshandelt, bekannt sind 57 Vorfälle, es waren aber weitaus mehr. Da gab es Überschneidungen im familiären Umfeld, besonders mein Großvater war brutal. Ein angesehenes Mitglied der Gemeinde. Er steckte mir seine Schrotflinte in den Mund. Drohte mich abzuknallen. Ich wurde im Keller eingesperrt. Mit dem Messer bedroht. Gedemütigt.“
Gutbrod berichtet auch von sexuellen Übergriffen innerhalb der Glaubensgemeinschaft: „Meine Schwester wurde sexuell missbraucht, auch von meinem Großvater. Er wurde auch zur Rede gestellt und gab es zu, Konsequenzen gab es jedoch nie. Er blieb bis zu seinem Tod ehrenvoller Zeuge Jehovas.“
Alexander wurde ausgeschlossen, als er sich zu seiner Homosexualität bekannte. Mit 28 hat er eine professionelle Trauma-Therapie gemacht, um seine posttraumatische Belastungsstörung zu therapieren. „Das hat sich über zwei Jahre hingezogen, so lange war ich in Behandlung.“
Jahrelang versuchte er zuvor, sein Schwulsein zu kaschieren. Mit 18 lernte er innerhalb der Gemeinschaft eine Frau kennen.
Gutbrod: „Ich wollte es erst nicht wahrhaben. Habe mein Schwulsein verdrängt. Da ich wusste, wenn das bekannt wird, verliere ich alles. Mit 20 habe ich diese Frau dann geheiratet, und wir waren sechs Jahre zusammen. Nach drei Monaten habe ich ihr aber bereits gesagt, dass ich bisexuell bin. Ich habe es dann so lange ertragen, bis es nicht mehr ging.“
Er brach aus – und wird seitdem von seiner Familie verachtet
Der Schauspieler: „Ich wollte immer leben. Auch wenn es jetzt ohne meine Familie ist. Ich habe keine Tante, keine Brüder, keine Schwestern mehr. Sie wollen mich nicht haben. Dafür darf ich jetzt frei sein, Freunde haben. Männer treffen. Mit 28 habe ich zum ersten Mal Weihnachten gefeiert, Geburtstag auch, das darf man ja nicht, wenn man bei den Zeugen Jehovas ist.“
Sind die Zeugen Jehovas gefährlich?
Alexander Gutbrod sagt deutlich: „Ja! Weil deiner Psyche eine falsche Welt vorgegaukelt wird. Ich hatte damals zwei Möglichkeiten mit 28, entweder ich beende mein Leben oder ich schaffe eine Öffentlichkeit, die hinter mir steht, um meine Ohnmacht zu verlieren. Denn ich dachte ja immer, dass was die Sekte sagt, stimmt. Aber es stimmt nicht, und das sollen möglichst viele Menschen wissen.“