FECRIS in Deutschland wegen Verleumdung von Jehovas Zeugen verurteilt
Ein Grundsatzurteil des Landgerichts Hamburg befand die Anti-Sekten-Organisation in 18 Punkten der unwahren Tatsachenbehauptungen für schuldig
Englisches Original: https://bitterwinter.org/fecris-sentenced-in-germany-for-defaming-jehovahs-witnesses/
Zeugen Jehovas beim Evangelisieren in Frankfurt, Deutschland. Quelle: jw.org. |
FECRIS, die Europäische Föderation der Zentren für Forschung und Information über das Sektenwesen, ist eine Dachorganisation für Anti-Sekten-Bewegungen in Europa und darüber hinaus. Sie wird maßgeblich von der französischen Regierung finanziert und wurde von der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) als eine der größten internationalen Bedrohungen für die Religionsfreiheit bezeichnet.
Da Anti-Sekten-Bewegungen eine öffentliche Funktion erfüllen und ihre Enthüllungen über „Sekten“ durch Gesetze zur freien Meinungsäußerung geschützt sind, behaupten FECRIS-Zweige oft, wenn sie verklagt werden, dass es sich um aussichtslose Rechtsstreitigkeiten handelt, die von „Sekten“ nur deshalb begonnen werden, um sie zu belästigen.
Diese Theorie hat den Test einer Klage von Jehovas Zeugen in Deutschland gegen FECRIS selbst vor dem Landgericht Hamburg nicht bestanden. Die Begründung des Urteils vom 27. November 2020 liegt seit kurzem vor.
Die deutschen Zeugen Jehovas klagten gegen mehrere Artikel, die auf der Website von FECRIS in deutscher Sprache abrufbar waren und zum Teil zustimmend über die Offensiven gegen Jehovas Zeugen in Russland berichteten. Nach deutschem Recht, so stellte das Gericht fest, ist eine religiöse Organisation in ihrer Möglichkeit, Schadensersatz zu fordern, eingeschränkt, kann aber dennoch Unterlassungsansprüche geltend machen.
Juristen wissen, dass es schwierig ist, unwahre Tatsachenbehauptungen anzugreifen, und die Grenze zwischen zulässigen, wenn auch scharf formulierten kritischen Äußerungen und illegaler Verleumdung ist schwer zu bestimmen. Jehovas Zeugen in Deutschland ließen vor dem Landgericht Hamburg 32 Äußerungen prüfen. Das Gericht befand 17 von ihnen für verleumderisch, eine für teilweise verleumderisch und 14 für nicht verleumderisch. Das Gericht stellte fest, dass im deutschen Recht „Meinungsäußerungen einen umfassenden Schutz genießen. Dementsprechend sind auch unzutreffende Meinungsäußerungen in den Schutzbereich einbezogen.“ In mehreren Fällen stimmte das Gericht mit Jehovas Zeugen überein, dass FECRIS-Aussagen „unzutreffend“ waren, urteilte aber, dass sie nicht in den Bereich der üblen Nachrede fielen. 4 von 32 Aussagen wurden sogar als unzulässige Meinungsäußerungen beurteilt, d. h. außerhalb der Grenzen der legitimen Meinungsfreiheit.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung in anderen europäischen Ländern stellten die Hamburger Richter auch fest, dass im Bereich der religiösen und antireligiösen Kontroverse scharf formulierte Ausdrucksweisen üblich sind und nicht als Verleumdung beanstandet werden können, und kamen zu dem Schluss, dass die Bezeichnung von Jehovas Zeugen als „menschenrechtsverachtend“ innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit bleibt. Ich persönlich mag mit dieser Einschätzung nicht einverstanden sein, aber wo diese Grenzen liegen, ist nie leicht zu beurteilen.
In der Mehrzahl der Fälle stellte das Gericht jedoch fest, dass FECRIS die Grenze zur üblen Nachrede überschritten hatte. Die Hamburger Richter stellten auch den Grundsatz auf, dass die Tatsache, dass russische Behörden oder Gerichte negative Bewertungen der Zeugen Jehovas in ihre offiziellen Dokumente oder Entscheidungen aufgenommen haben, einen deutschen Beklagten nicht dazu berechtigt, diese zu wiederholen oder neu zu veröffentlichen, wenn sie von Natur aus verleumderisch und falsch sind.
Zu dieser aus Russland stammenden Kategorie von Aussagen gehören, dass zu den „charakteristischen Merkmalen“ von Jehovas Zeugen der „illegale Besitz von Eigentum“ gehöre, die Tatsache, dass sie „Wohnungen von Bürgern in Besitz nehmen“, „religiös motivierte Verbrechen“ begehen und „Erwachsene und Kinder zu Tode“ bringen. Sie alle wurden als unwahre Tatsachenbehauptungen identifiziert in einem Urteil, das allen FECRIS-nahen Organisationen als Warnung dienen sollte. Dass verleumderische Aussagen über Jehovas Zeugen aus offiziellen russischen Dokumenten stammen, bedeutet nicht, dass es Organisationen in demokratischen Ländern freisteht, sie nachzudrucken.
Das Gericht stellte auch fest, dass FECRIS die Lehre und Praktiken von Jehovas Zeugen mit der Absicht verzerrt, sie zu diffamieren. FECRIS behauptete fälschlicherweise, dass Jehovas Zeugen lehren, dass „ein Unterschied zwischen Männern und Frauen im Hinblick auf die himmlische Berufung dahingehend besteht, dass nur Frauen eine ‚Änderung ihrer Natur erfahren‘, nicht aber Männer“, dass Frauen, die als Tür-zu-Tür-Missionare dienen, „Sklavinnen“ sind, und Kinder „gezwungen“ werden, am öffentlichen Predigen teilzunehmen, dass Frauen in der Familie sich nicht nur ihren Ehemännern, sondern auch „ihren männlichen Kindern“ unterordnen sollen, dass es „verboten [ist], sich scheiden zu lassen, ohne sofort Gemeinschaftsentzug zu erhalten“, und dass „keine Rebellion […] von der Frau innerhalb ihrer Familie veranstaltet werden [darf], ohne dass sofort von den Ältesten der Versammlung über sie Gericht gehalten wird.“ Dass jugendliche Zeugen Jehovas, die beim Küssen erwischt werden, automatisch vor ein Rechtskomitee von Jehovas Zeugen gebracht werden, und dass eine junge Frau, die im Haus eines männlichen Freundes übernachtet, von einem Rechtskomitee für schuldig befunden würde, selbst wenn keine anderen Faktoren vorliegen, die auf eine unangemessene Beziehung hindeuten, wurden ebenfalls als falsche und verleumderische Aussagen beurteilt. Eine weitere falsche Behauptung, die das Gericht als verleumderisch ansah, war, dass Jehovas Zeugen 26 verschiedene Termine für das Ende der Welt angekündigt haben und es nun für das Jahr 2034 vorhersagen.
FECRIS wurde auch der üblen Nachrede für schuldig befunden, weil sie ungenau berichtet hatte, dass der Bericht der Royal Australian Commission über sexuellen Missbrauch „4.000 Fälle von Opfern pädophiler Straftaten in Australien“ bei Jehovas Zeugen gefunden habe. Tatsächlich hatten die australischen Zeugen der Königlichen Kommission alle Berichte und Bezüge zu disziplinarischen Verfahren, bewiesen und unbewiesen, übergeben, die der Organisation der Zeugen Jehovas in Australien über einen Zeitraum von 65 Jahren vorgelegt worden waren, insgesamt 1.006 Berichte – was offensichtlich nicht bedeutet, dass es 1.006 Fälle von sexuellem Missbrauch unter ihnen gegeben hat, und schon gar nicht 4.000.
Die Hamburger Richter stellten fest, dass die von FECRIS gegen Jehovas Zeugen erhobenen Vorwürfe der Vertuschung sexueller Missbrauchsfälle oft auf falschen und verleumderischen Aussagen beruhen, wie zum Beispiel: „Das Kind wird vorgeladen, um im Detail zu erklären, was geschehen ist. Es muss sich an jede Geste erinnern und die Ältesten stützen sich auf genaue Fragen“, die Mutter des Kindes darf „nicht anwesend sein“ und „das Kind [wird] dem Vergewaltiger gegenübergestellt“. Diese Aussagen, so das Gericht, sind faktisch „unwahr“, da tatsächlich „ein Kind nur dann vor den Ältesten aussagt, wenn das Kind es unbedingt will und man es ihm gewährt“; die Mutter des Kindes kann zur „moralischen Unterstützung“ hinzugezogen werden und „die Ältesten […] verlangen niemals, dass ein Opfer seine Anschuldigungen in Gegenwart des Beschuldigten vorzubringen habe“. Die Aussage von FECRIS, dass die Ältesten, wenn ein Täter des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen bezichtigt wurde, Familien mit minderjährigen Kindern in der eigenen und in benachbarten Gemeinden nicht durch Bekanntgabe des Namens der schuldigen Person warnen, wurde als teilweise verleumderisch befunden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Ältesten Familien mit minderjährigen Kindern der eigenen Gemeinde ordnungsgemäß warnen, dass die Kläger aber nicht bewiesen haben, dass sie auch Nachbargemeinden warnen.
Manchmal ist es unklar, ob die FECRIS-Aktivisten, die behaupten, Experten für „Sekten“ zu sein, in böser Absicht handeln oder einfach inkompetent sind. Sie veröffentlichten den Fall eines 17-jährigen niederländischen Mädchens, das während einer Masernepidemie im Jahr 2013 starb, nachdem ihre Eltern eine Impfung aus religiösen Gründen verweigert hatten, und implizierten, sie sei eine Zeugin Jehovas. Tatsächlich war sie Mitglied einer calvinistischen christlich-reformierten Gemeinde, gehörte also einer Kirche an, die dafür bekannt ist, ein entschiedener Gegner von Jehovas Zeugen zu sein.
Interessanterweise beantragte FECRIS am 5. Januar 2021 eine Korrektur des Abschnitts im Urteil, der sich mit dem Tatbestand befasst. FECRIS beantragte, dass im Tatbestand des Urteils der Satz „Die Äußerungen bezögen sich weder direkt noch indirekt auf die Zeugen Jehovas“ wie folgt korrigiert werden sollte: „Die Äußerungen bezögen sich nicht auf die Klägerin“.
Offensichtlich wollte FECRIS den Geltungsbereich des Urteils auf die deutsche Organisation von Jehovas Zeugen beschränken, die die Klägerin in diesem Fall war, und sich freihalten, Jehovas Zeugen im Allgemeinen zu verleumden. In seinem Urteil vom 22. Januar 2021 teilte das Gericht die Position von Jehovas Zeugen, dass die deutsche Körperschaft des öffentlichen Rechts Jehovas Zeugen in Deutschland rechtmäßig vertritt und ihre persönlichen Rechte und ihren Ruf verteidigen kann.
FECRIS geht aus dem Hamburger Urteil mit ihrem Image einer Organisation von „Experten“, die es verdienen, in Frankreich und anderswo mit Steuergeldern unterstützt zu werden, zutiefst erschüttert hervor. Die Organisation entpuppt sich vielmehr als ein Zusammenschluss von Verbreitern von Fake News, die systematisch Verleumdungen nutzen, um Gruppen anzugreifen, die sie als „Sekten“ bezeichnen. Es bleibt zu hoffen, dass das deutsche Urteil ein Vorbild für Prozesse auch in anderen Rechtssystemen wird und die FECRIS-nahen Anti-Sekten-Bewegungen lehrt, dass sie zwar mächtige Gönner haben, aber nicht über dem Gesetz stehen.
QUELLE: https://bitterwinter.org/fecris-in-deutschland-wegen-verleumdung-von-jehovas-zeugen-verurteilt/
LINK: 1. Probleme mit Demokratie und Menschenrechten (2005)
LINK: 2. FECRIS in Deutschland wegen Verleumdung von Jehovas Zeugen verurteilt (2021)
LINK: 4. In den Vereinigten Staaten und Frankreich: Ähnlichkeiten und Unterschiede
LINK: 5. Wie die Anti-Sekten-Bewegung dazu beigetragen hat die russische Anti-Ukraine-Rhetorik zu befeuern