Montag, 9. Mai 2022

ANTI-SEKTEN-BEWEGUNG - FECRIS räumt ein: Niederlage im Hamburger Prozess gegen die Zeugen Jehovas war “eine Lehre“ (2021)

FECRIS räumt ein: Niederlage im Hamburger Prozess gegen die Zeugen Jehovas war “eine Lehre“

Obwohl FECRIS den verlorenen Prozess in einer öffentlichen Pressemitteilung als Sieg hinstellte, gestand die Organisation auf ihrer Generalversammlung ein, dass sich die Sachlage anders verhielt.

Von Massimo Introvigne

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Punkt 2.1 des Berichts der Generalversammlung von FECRIS, 27. Nov. 2000.

FECRIS, die Europäische Föderation der Zentren für Forschung und Information über das Sektenwesen, eine Schirmorganisation für Anti-Sekten-Bewegungen in Europa und weiteren Ländern, verlor am 27. Nov. 2020 einen Präzedenzfall vor dem Hamburger Landgericht, bei dem sie in 18 Fällen der unwahren Tatsachenbehauptung gegen Jehovas Zeugen für schuldig gesprochen wurde.

Am 24. Mai 2021 veröffentlichte Bitter Winter einen Kommentar zum Urteil.

Am 30. Mai 2021, d. h. sechs Tage nach dem Erscheinen des Artikels von Bitter Winter (und sechs Monate nach dem Urteil, was beweist, dass sie auf den Artikel von Bitter Winterantwortete und das Urteil sonst niemals öffentlich kommentiert hätte), veröffentlichte FECRIS eine Pressemitteilung zum Fall.

In der Pressemitteilung behauptete FECRIS fälschlicherweise, sie hätte einen Prozess gewonnen, obwohl in Wirklichkeit eine Niederlage vorlag. Da Jehovas Zeugen geklagt hatten, dass 32 Aussagen von FECRIS verleumderisch wären und das Gericht 17 davon als verleumderisch einstufte, eine als teilweise verleumderisch, während 14 Aussagen keine Rechte anderer verletzt hätten, behauptete FECRIS, den Fall in Hamburg erfolgreich verteidigt zu haben. Dies war offensichtlich nicht der Fall, denn FECRIS WURDE DAZU VERURTEILT, JEHOVAS ZEUGEN GELD ZU ZAHLEN, NICHT UMGEKEHRT. FECRIS hingegen behauptete, die 14 Aussagen, die als nicht verleumderisch eingestuft wurden, seien „wesentlich“ und die 18 Punkte, für die sie verurteilt wurde, seinen „untergeordnet“. Diese Interpretation war vollkommen willkürlich. Wie unser Artikel bewies, betrafen die Aussagen, die vom Gericht als verleumderisch eingestuft wurden, einige der Hauptanschuldigungen, die FECRIS in ihren Kampagnen normalerweise gegen Jehovas Zeugen vorbringt.

Juristen wissen, dass Verleumdungsklagen schwierig sind. Falschaussagen kommen nicht immer einer Verleumdung gleich. Gewisse Aussagen mögen zwar unzutreffend sein, doch wenn sie durch die freie Meinungsäußerung geschützt sind und nicht innerhalb des Anwendungsbereichs der Gesetze gegen Verleumdung fallen, werden sie von den Gerichten nicht als Verleumdung eingeschätzt. Organisationen und Boulevardblätter, die auf systematische Verleumdung zurückgreifen, wissen, dass sie oft aufgrund diverser Aussagen verklagt werden und dass sie für einige verurteilt werden können, für andere aber nicht. Ihre Strategie besteht normalerweise darin, die negativen Urteile zu verharmlosen und den Sieg für sich zu beanspruchen, wenn nur einige und nicht alle Aussagen, für die sie angeklagt wurden, als verleumderisch eingestuft werden. (Dies geschieht häufig auch bei den erfolgreichsten Verleumdungsklagen.) Werden ihre Aussagen als nicht verleumderisch eingestuft, behaupten sie fälschlicherweise auch, die Gerichte hätten bestätigt, ihre Aussagen seien „wahr“. Tatsächlich kann eine Aussage gleichzeitig unzutreffend sein als auch außerhalb des Tatbestands einer Verleumdung liegen.

Bezeichnenderweise erweckte FECRIS in der Pressemitteilung den falschen Eindruck, das Hamburger Gericht hätte die 14 Aussagen, die sie als nicht verleumderisch einstufte, als wahr bestätigt. TATSÄCHLICH HATTE DAS GERICHT SELBST VOR EINER SOLCHEN INTERPRETATION GEWARNT und darauf hingewiesen, dass im deutschen Recht „Meinungsäußerungen weitreichenden Schutz genießen. Danach nehmen auch falsche Meinungen am Schutzbereich […] teil.“ Die von FECRIS gemachte Aussage, „alle Erzählungen über angebliche ‚Belästigung‘ der Zeugen Jehovas [in Russland sind] nichts weiter als ein primitiver Propaganda-Schlag“, ist ein deutliches Beispiel für eine „falsche Meinung“, die vom Gericht als nicht verleumderisch eingestuft wurde. In ihrer Stellungnahme behauptet FECRIS jedoch, die Hamburger Richter hätten damit auch ihren Wahrheitsgehalt bestätigt. Wir fragen uns sogar, ob FECRIS diese Aussage wirklich für wahr hält, nachdem die Verfolgung von Jehovas Zeugen in Russland wiederholt angeprangert wurde, unter anderem von den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und verschiedenen westlichen Regierungen einschließlich der deutschen Regierung.

Wir verfügen jetzt über Beweise, dass FECRIS sehr wohl weiß, dass die Tatsachen anders liegen, obwohl sie öffentlich den „Sieg“ im Hamburger Prozess für sich beansprucht. Am 28. November 2020 fand die Generalversammlung von FECRIS per Videokonferenz statt. Ein Tagesordnungspunkt war das Urteil von Hamburg. Die Versammlung wurde über „die enorme Arbeit, die erfreulicherweise von Jean-Pierre Jougla unterstützt“ wurde, informiert. Jougla ist gemäß seinem Linkedin-Profil ein „avocat honoraire“ (Titel für ein Ehrenmitglied). Dieser Begriff wird in Frankreich (und Belgien) gebraucht, um die Position eines Anwalts zu beschreiben, der in der Regel im Ruhestand ist und den Titel Rechtsanwalt sowie einige Funktionen beibehält, aber nur noch in Ausnahmefällen als Anwalt vor Gericht agieren darf.

Jougla wies darauf hin, dass „dieser Fall für uns eine Lehre sein sollte. Mitarbeiter sollten in der Lage sein, ihre Behauptungen zu beweisen“. Die Versammlung beschloss aus Gründen der „Vorsicht und Sicherheit“, „geschriebene Texte [der an Konferenzen von FECRIS gehaltenen Reden] künftig nicht mehr auf der Website der Föderation zu publizieren.“

Hier haben wir verschiedene belastende Eingeständnisse. Das Urteil von Hamburg war kein „Sieg“, sondern vielmehr eine bittere „Lehre“ für FECRIS. Die Aussage, ihre Mitarbeiter „sollten in der Lage sein, ihre Behauptungen zu beweisen“, impliziert, dass sie das bei einigen der Aussagen nicht konnten, die von Jehovas Zeugen und dem Hamburger Bericht beanstandet wurden. Auch werden die Texte der an den Konferenzen gehaltenen Reden „künftig nicht mehr auf der Website der Föderation“ publiziert, weil FECRIS weiß, dass sie sich damit der Verleumdung strafbar machen kann. Allerdings sollten verleumderische Reden von vorherein auf Konferenzen respektabler Organisationen ausgeschlossen sein und nicht, nachdem sie gehalten wurden, „versteckt“ werden, indem man auf ihre Veröffentlichung verzichtet.

Mit diesem Dokument ist der Fall abgeschlossen. FECRIS gibt zu, das Urteil von Hamburg sei für sie eine „Lehre“ gewesen, da sie Aussagen über Jehovas Zeugen veröffentlicht haben, die sich nicht beweisen lassen.

Auf der gleichen Versammlung präsentierte Luigi Corvaglia, ein italienisches Mitglied von FECRIS, seine Intervention auf der letzten OSZE-Versammlung, wo er eingestand, dass FECRIS von der USCIRF, der US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit, als Verfechterin der für die Religionsfreiheit gefährlichen Anti-Kult-Ideologie und als Verbreiterin von Hassrede angeprangert wurde.

Seltsamerweise behauptete Corvaglia, die USCIRF „ist keine Institution der Regierung der Vereinigten Staaten“. Auf der Website von USCIRF, die von der amerikanischen Regierung betrieben wird und deren Adresse mit .gov endet, steht, sie sei „eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission“. USCIRF wurde aufgrund eines Bundesgesetzes ins Leben gerufen. Wie weiter angegeben wird, wurde sie „durch den Kongress geschaffen, um Bedrohungen der Religionsfreiheit weltweit unabhängig zu beurteilen sowie genau und unerschrocken zu beschreiben“. In Bezug auf Fragen zur Religionsfreiheit „sollte“ der Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika mit der USCIRF zusammenarbeiten.

Natürlich steht es FECRIS frei, der USCIRF zu widersprechen. Vor der OSZE zu behaupten, sie sei „keine Institution der Regierung der Vereinigten Staaten“, scheint jedoch keine kluge Art zu sein, sich gegen deren Ergebnisse zu wehren.

Wie im Prozess von Hamburg vorgegangen wurde, bestätigt, dass USCIRF recht hatte und FECRIS tatsächlich EINE GROßE "BEDROHUNG DER RELIGIONSFREIHEIT AUF DER GANZEN WELT" DARSTELLT. Um genau diese Bedrohungen zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken, wurde USCIRF geschaffen.

QUELLE: https://bitterwinter.org/fecris-raumt-ein-niederlage-im-hamburger-prozess-gegen-die-zeugen-jehovas-war-eine-lehre/

LINK: 1. Probleme mit Demokratie und Menschenrechten (2005)

LINK: 2. FECRIS in Deutschland wegen Verleumdung von Jehovas Zeugen verurteilt (2021)

LINK: 3. FECRIS räumt ein: Niederlage im Hamburger Prozess gegen die Zeugen Jehovas war “eine Lehre“ (2021)

LINK: 4. In den Vereinigten Staaten und Frankreich: Ähnlichkeiten und Unterschiede

LINK: 5. Wie die Anti-Sekten-Bewegung dazu beigetragen hat die russische Anti-Ukraine-Rhetorik zu befeuern



MISSBRAUCH - Entlarvung von Irrtümern / KAPITEL 2: Die Zwei-Zeugen-Regel (2007)

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